„Inga, was hältst du von den Medien heutzutage?“

Fast 15 Jahre habe ich in den Medien gearbeitet. Was ich von ihnen halte? Das werde ich öfters gefragt. Hier meine Meinung zur aktuellen Medienwelt.

„Inga, welche Meinung hast du von den Medien heutzutage?“ – Diese Frage bekomme ich als ehemalige Onlineredakteurin und Journalistin häufig gestellt – oft mit einer gewissen Skepsis, manchmal aber auch einfach aus Neugier.

Fast 15 Jahre habe ich ausschließlich in den Medien gearbeitet. Auch heute schreibe ich zum Teil für klassische Medien, aber eher wenig. Als freiberufliche Texterin arbeite ich vor allem für Werbeagenturen, Online-Communities, Einzelunternehmer, mittelständische Unternehmen und Organisationen. Ich nutze journalistische Methoden – ich recherchiere, suche Kontakte und führe Interviews (und das super gerne!), bin aber nur noch selten für tagesaktuelle Medien wie Zeitungen tätig.

Trotzdem fühle ich mich dem Journalismus und der Medienwelt verbunden. Ich bin nicht gegangen, weil ich keine Nachrichten mehr verbreiten wollte. Oder weil ich Journalismus doof finde. Im Gegenteil: Ich beschäftige mich gerne mit Medien und denke oft an meine ehemaligen Kolleg*innen, wenn große Ereignisse passieren, über die sie dann unter viel Druck nahezu pausenlos berichten. Ich habe großen Respekt vor ihnen und vor ihrer Arbeit, weil ich weiß, wie stressig sie sein kann. Und ich finde:

Viele Menschen unterschätzen heutzutage, wie wichtig guter Journalismus für unsere Demokratie ist.

Stattdessen klagen viele oft über „die Medien“, die angeblich alles übertreiben, viel zu einseitig berichten und sowieso nur schlechte Nachrichten in die Welt setzen … Stopp, stopp, stopp – an dieser Stelle sollte man bitte, bitte genauer hinschauen.

Mir gefällt auch nicht alles, was in den Medien heutzutage passiert:

  • Ja, es gibt äußerst misslungene Schlagzeilen.
  • Ja, Medien sind oft oberflächlich und einseitig.
  • Ja, es gibt viel zu viel Clickbait (aufregender Cliffhanger, aber nichts dahinter).
  • Ja, Medien tragen zur Spaltung unserer Gesellschaft bei.
  • Ja, in den Medien wird vieles falsch gemacht.

Aber bei allem Medien-Gemecker wird oft vergessen:

  • Es gibt viele hervorragende Medienprojekte – sie bekommen nur leider zu wenig Aufmerksamkeit.
  • Es gibt eine Medienvielfalt – als Leser*innen haben wir sehr wohl die Wahl, was wir konsumieren.
  • Medien sind Wirtschaftsunternehmen und richten sich in der Auswahl ihrer Themen nach den Interessen ihrer Kund*innen.
  • Journalist*innen sind Menschen, die für mittelmäßige Bezahlung oft sehr viel und oft unter hohem Druck arbeiten.
  • Wie wir alle, machen auch sie ab und zu Fehler.

Medien in der Kritik

Bevor wir uns über die Medien heutzutage eine Meinung bilden, sollten wir genauer hinschauen. Damals, in der Redaktion, habe ich öfter Anrufe bekommen: „Warum berichten Sie nicht über Thema X?“ – „Sie schreiben nie über Thema Y!“ – „Und Thema Z behandeln Sie völlig einseitig.“ Stimmt das? Meistens habe ich bei solchen Anrufen als erstes nachgeschaut, ob die Leser*innen Recht hatten. Meistens hatten sie das nicht. Denn fast immer habe ich Artikel zu Thema X gefunden, und auch was zu Thema Y. Und zu Thema Z hatten wir auch nicht nur den einen Text, sondern noch ein Pro & Contra, einen Kommentar und Leserbriefe.

Also gar nicht so einseitig. Ich will sagen: Die subjektive Wahrnehmung spiegelt hier heutzutage selten die wahre Situation ab.

Meine Meinung: „Die Medien heutzutage“ sind oft besser als ihr Ruf – wenn wir genau hinsehen.

Was ich aber schon sehe – und warum ich nicht mehr als festangestellte Journalistin arbeite: Als Arbeitswelt sind die Medien ein schwieriges, zermürbendes Pflaster. Aus verschiedenen Gründen. Zu stressig, zu hierarchisch, zu konservativ, zu wenig Geld: Ich kenne einige Menschen, die die Branche in den vergangenen Jahren verlassen haben. Um einem Burnout aus dem Weg zu gehen. Wieder kreativer zu arbeiten. Moderner zu agieren. Karriere zu machen. Gesünder zu leben. Mehr zu verdienen.

Mein erstes Buch: So habe ich mich aufs Schreiben vorbereitet

Das ist schade. Denn, wie gesagt, guter Journalismus ist wichtig für unsere Demokratie. Aber ich glaube nicht, dass die Medien, so wie sie sind, zurzeit die besten Talente anziehen. Vor allen, die weiterhin für Zeitungen, Onlinemedien, Radio und Fernsehen arbeiten, habe ich alle Achtung. Meiner Meinung nach gehört sehr viel Idealismus dazu, diesen Job engagiert auszufüllen.

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